WILL PECK
NIGHT SCANS
27.01. 2023 - 11.03.2023
In seiner Night Scans Serie visualisiert Peck (*1991) den Verlauf einer Nacht unter freiem Himmel. Die Werke auf mattem Fotopapier zeigen das Geschehen aus der Perspektive eines Flachbettscanners, der aus seinem ursprünglichen Kontext entbunden und im Freien aufgestellt wurde. So läuft das Gerät stundenlang durch und fertigt dabei alle dreißig Sekunden einen neuen Scan. Während der Scanner ruhig vor sich hinarbeitet, erfasst er alles, was sich auf seinem gläsernen Bett unter den Sternen befindet. Wie ein Leuchtfeuer zieht sein weißes Licht verschiedene Insekten an und sorgt indes für zahlreiche flüchtige Begegnungen mit geschäftigen Fliegen, Spinnen und Käfern. Auf die Idee zur Serie brachte den Londoner Künstler seine Zeit, während einer Residency in der Toskana, wo er die Nacht als ungewohnt dunkel und besonders insektenreich erlebte.
Es liegt eine seltsame Romantik in den Bildern der Nacht und ihren Bewohnern, ohne die „menschliche Dazwischenkunft“, die der Kunsthistoriker Erwin Panofsky einst beklagte. Mit ihrem ambigen Erscheinen wecken die Night Scans unterschiedlichste Assoziationen, die irgendwo zwischen dem schläfrigen Blick durch ein beschlagenes Zugfenster und den ersten Aufnahmen des Hubble Teleskops oszillieren.
Aus der Distanz könnte man sie zunächst für patinierte Fotografien halten; voll mit feinen Kratzern, hier und da die Umrisse einiger verdunsteter Wasserflecken und der hell erleuchtete Körper eines verirrten Insekts. Dass es sich um Farbscans handelt, wird wohl erst auf den Zweiten Blick deutlich. Umso mehr fallen dann unterschiedliche Farbnuancen und feine, teils gestochen scharfe, Details ins Auge. Ein deutlicher Flügel, ein Haar Auch die hellen Querstreifen, die sich in variabler Intensität durch die Bilder ziehen, verorten die Bilder doch im jetzt.
Anders als Panofskys Forderung nach menschlicher Zurückhaltung im Angesicht technologischer Bildbereitung erhebt Will Peck jedoch keine ideologischen Forderungen oder dergleichen an den Scanprozess. Die Night Scans sind auch keine Naturstudie, die einem streng objektiven oder epistemischen Ansatz folgt. Dort, in der völligen Dunkelheit ist der Scanner nicht nur Licht- und Bildmaschine oder stummer Beobachter.
Stattdessen lässt Peck den Zufall als Werkzeug eintreten. Aus der Zusammenkunft von Technologie und Naturphänomen entwickelt Will Peck damit eine künstlerische Strategie für „natürliche Intervention“. So wird der Scanner zur Schnittstelle, an der sich feste, technologische Abläufe mit dem unvorhersehbaren Willen der Natur verbinden. Aus seiner Deplatzierung heraus erwächst im Aufeinandertreffen mit dem nächtlichen Geschehen ein visueller Dialog zwischen dem Scanner und seinem Umfeld. Über seinen alltäglichen Nutzen hinaus wird der Apparat für die Night Scans schließlich Zeuge seines eigenen Prozesses; sein gläsernes Scanner-Bett gleichsam Auge und Abbild. Das Ergebnis sind Bilder von mysteriöser Ästhetik und einem Sinn für den flüchtigen Moment.
Der britische Künstler Will Peck studierte bildende Kunst an der Metropolitan University London und am Sandberg Insituut in Amsterdam, wo er 2017 seinen MFA abschloss.
Seine Werke wurden in Amsterdam, Helsinki, London und anderen Orten in UK ausgestellt, sowie in Vilnius und Tokyo. Zuletzt nahm er an den Gruppenausstellungen What about painting? bei HELDENREIZER Contemporary (2022) und INCON with(20)…of 21, in 22…, in London, UK (2022) teil.